BOKOROST

Alle Jahre wieder. In den Lebensmitteldiscountern überrollen Massen von Marzipankügelchen arglose Selbstversorger. Lebkuchenmännchen marodieren in Horden durch das schmucklichtverwarzte Zentrum jeder bekannten deutschen Ortschaft. Kältefurcht treibt Millionen von Menschen in überhitzte Räume, an glühende Öfen und Heizungskörper - schwitzende Hände und Achselhöllen, Süßes zwischen den Zähnen, saures Aufstoßen, Glühweinschwips auf überfüllten Weihnachtsmärkten, dampfende und unentschlossene Leuteknäule vor brechend voll bepackten Regalen. Überall Glöckchen und Triangel, eingängige Melodien zum immer wieder anhören, immer wieder mitsingen müssen, gierige Kinderaugen über schokoverschmierten Mündern und gänsefettbespritzen Hemdkrägen. Allgegenwärtig der rote Mann mit dem langen Bin Laden-Bart und dem verkifft versonnenen Lächeln - gutmütig vielleicht, der alte Mann, aber auch all das zulassend, was ab heute, so scheint es mir auf uns niederprasselt wie aus den Wolken von Engelchen fallen gelassener Prasselkuchen. Alles erstarrt im Anschein von Frieden, alles muss in schneebedeckter Jahresretrospektive ersaufen und zu guter Letzt erinnert uns dann das Saisongewissen an solche, die diesen Frieden nicht haben - und auch nicht die Süßigkeiten, Spielsachen, DVD-Recorder, Porsche Cayenne usw. Alles gipfelnd in einem Übermaß an Nahrungsaufnahme und einem nicht ignorierbaren betäubenden Völlegefühl bis Jahresende. Na prost Neujahr. Es geht also los! Ungewappnet wie jedes Jahr weiß ich mich nicht zu wehren. Bleibt trotzdem nur noch zu sagen:

FEUER FREI!!!