Dienstag, 20. Mai 2008

ENMOs!!


Also wen es in den kuriosen Korridoren der Weltvereinfachung alles so gibt. Beeindruckend und bedrohlich zugleich. Kennt ihr sie schon? Die schöne Welt der Sozialmilieus? Nein? Dann versuche ich mich mal… Verwundert sah ich mich, der ich mich nun Neu-Prenzlberger schimpfe, der Gattung der LOHAS gegenüber. Das steht abgekürzt für Lifestyle of Health and Sustainability, einem Konsumententyp, der gern der durch sein Konsumverhalten und gezielte Produktauswahl Gesundheit und Nachhaltigkeit fördern will. Diese Leute haben eine hohe Bildung, ein überdurchschnittliches Gehalt und sind gerade hier, im so genannten Familienbezirk in reichlicher Anzahl anzutreffen. Sie wählen überwiegend die Grünen, gehen teuer in Ökoläden einkaufen und stehen auch sonst auf alles, was sich Öko oder Bio schimpft. Dass sie seit neuesten als Ökoschwaben und ignorante Weltverbesserer gelabelt werden, lassen wir einfach mal so stehen. Unausweichlich sind sie ja schon. Die Vielzahl an Möglichkeiten in meinem Bezirk für viel Geld viel gutes Gewissen zu erwerben. Ob ich meinem Kind nun ein Eis in der Organic Icecream Diele kaufe oder mir in den diversen Biosupermärkten ortsnah entbundenes Gemüse zulege – die Botschaft, etwa tun zu können, ist hier im Lila-Laune-Land groß geschrieben. Warum auch nicht! Ich sag mal: sollen sie doch, wenn sie können. Viele andere sind es nicht. Das darf mal eben nicht vergessen werden, auch wenn man sich selbst so gut im monetären Dreck suhlen kann, dass es nur so schmatzt vor Selbstzufriedenheit. Ich esse mittlerweile auch nicht mehr alles, denke auch drüber nach, woher was stammt und was nun besonders doof wäre zu konsumieren. Dadurch kann ich mir und will mir auch aber noch lange nicht alles leisten. Also kein LOHA. Wer einen besonders krassen Blick auf diese mittlerweile stark anwachsende Gruppe werfen will, dem sind vielseitige Angebote gegeben. Doch weiter im Reigen der simplifizierenden Abkürzungen. Denn dann haben wir noch die eher unbekannten LOVOS. Das heißt übersetzt Lifestyle of Voluntary Simplicity. Das sind jene, die den Materialismus ablehnen und freiwillig sowie bewusst ein Leben in Einfachheit führen. Nicht schlecht eigentlich, wenn man sich denn dazu entscheiden kann. In Zeiten zunehmender Armut wirkt es allerdings beinahe zynisch, sich diesem Grüppchen zuzurechnen, denn was als Konsumentenbezeichnung vielleicht tauglich ist, ist auf der anderen Seite so unfreiwillig, dass es wehtut. Also doch bitte kein LOVO sein. Kommen wir abschließend zu den DINKS oder DINKYs. Diese Double Income and no Kids nannte mein Soziologieprofessor auch kurz mal die Gentrifizierer. Sie genießen ein Leben in Wohlstand, verbrauchen riesige Wohnflächen und leisten sich vieles und nur wenig Zukunftssorgen. Natürlich verdrängen sie leidlicherweise aber ohne böse Absicht, die ärmeren Familien aus ihren angestammten Revier. Na, wenn’s weiter nichts ist. Sollen sie doch. Also LOVOS, LOHAS und DINKS - wenn man ehrlich ist, will man nicht wirklich bei einem der drei neuesten Sozialmilieus begraben sein. Und auch nicht bei den vielen anderen, die es sonst noch so gibt, um wirklich alle alle am Kaufverhalten zu erkennen. Mein Plädoyer an dieser Stelle: Lasst uns verwirrende neue Buchstabenreihungen erfinden und in die Welt posaunen, auf dass es unübersichtlich und unkalkulierbar wird. Denn nur das, was die Verkäufer nicht errechnen können, bringt uns unseren Handlungsspielraum und unsere Individualität zurück. Und die brauchen wir zum atmen! Mein erster Vorschlag: die ENMOs. Das steht für Eloquent Nihilist Mothers. Und denen versucht dann mal was zu verkaufen!!!

2 Kommentare:

BOKOROST hat gesagt…

ja sehr geil sagt da der dink! hier ein paar vorschläge:

DEFTs - Doing Everything at the False time

ECBCs - Exclusively Chocolate-Bar Consumers

FoLDs - Foreign Lifestyle Destroyers

DOFNIs - Double Fun with No Income

LiMoMoCas - Living with Moms Money in the Carribean

Anonym hat gesagt…

Ich bin grob geschätzt die perfekte Schnittmenge zwischen den DINKS, LOVOs und LOHAs und bin trotzdem kein BOBO (Bourgeois bohemian). Hab aus Gründen, die man "Gewissen", "ökologisches Bewusstsein" oder "Hab einfach kein Bock auf Euer Scheiß Lebenskonzept ihr SUV-Wichser" nennen kann, kein Auto, mach so gut wie keine Flugreisen, kauf im Aldi Biobananen und Biomilch sowie in der Kneipe regional hergestelltes Bier achja und bin auch noch Vegetarier.
Dass ich 39,5m2 Wohnfläche in meiner Innenstadtwohnung hab (damit 2m2 überm Durchschnitt), macht mir gar nichts aus, ebenso wenig wie einen überhöhten Konsum von Büchern. Meine Klamotten sind durchschnittlich 2 Jahre alt und außerdem nehemn sie nur einen kleinen Schrank ein. Da akzeptiere ich, dass sie von fleißigen Kinderhänden in Bangladesh für H&M hergestellt werden.
Ich verabscheue Tofu-Demeter-Waschnuß-Esoteriker, weil die nur um Haaresbreite an einer militanten Psychosekte vorbeischlittern. Ich verachte aber noch viel mehr Typen, die das Wort "Weltverbesserer" als Schimpfwort verwenden, denn die suggerieren, dass das Gegenteil "Weltverschlechterer" ein erstrebenswerter Titel sei. Damit reden sie den den gehirnlahmen, konsumverblödeten Trendhechlern das Wort, die in ihrem rücksichtslosen Vorsichhinfurzen (von Müll, Abgasen, Autobahnen, Einfamilienhausghettos, Mode der letzten Saison) sich auch noch von jeglicher Verantwortung freigesprochen fühlen möchten. Tut mir leid, aber genauso sind auch die Arschlochtypen im sogenannten Comedy drauf, die angeblich "herrlich böse" sind, aber in Wirklichkeit eine auf die Fresse verdient haben für ihre Einstellungen gegenüber allem, was nicht gerade sie selber sind. Also bevor man allzuviel Worte verliert über ein paar Verwirrte, die glauben, ein Kind kriegen sei sowas wie Weltrettung und das zeige man am Helmholtzplatz vor, sollte vorher man doch ein paar verbale Splittergranaten gegen ganz andere Gruppen in Stellung bringen können : Motorsportler, Faschisten, Immobilienmakler, Ingo Appelt, also Menschen, die die Welt nicht nur nicht besser machen, sondern wirklich und wahrhaftig schlechter, und zwar mit Absicht.
Mahlzeit.
Lars G