das Auto läuft also wieder und wir fahren nach Murchison zu unserer Unterkunft die wir für eine Woche gebucht haben, um dort den Jahreswechsel zu feiern und ganz viele Forellen zu fangen. Mit unseren Vermietern sind wir an der örtlichen Tankstelle verabredet, die eigentliche Hütte liegt noch mal 30 km außerhalb. Um die Miete zu zahlen, suchen wir vergebens einen Geldautomaten. Es gibt zwar einen, allerdings nur für inländische Bankkonten, keine Visa, Master oder EC-Karten werden akzeptiert. Dafür gibt es einen 2nd Hand Laden in dem man so ziemlich alles was noch halbwegs funktioniert kaufen kann.
Wir treffen unsere Vermieter und erklären die Situation, kein Problem, ihr könnt auch später bezahlen, Hauptsache ihr haut nicht einfach ab. Aber wo ist denn nun der nächste Geldautomat, wir sind doch schon in der größten Stadt mitten im Nirgendwo. Naja, in Westport gibt es sicher einen, das ist ca. eineinhalb Stunden Autofahrt Richtung Westen. Da der örtliche Supermarkt auch nicht viel zu bieten hat und außerdem etwas überteuert ist, fahren wir also am nächsten Tag nach Westport (ca. 7000 Einwohner) um Geld zu holen, richtige Lebensmittel einzukaufen, unsere Registration fürs Auto zu verlängern und die eine oder andere Spirituose für die Silvesterparty zu besorgen. Wir halten mal kurz an einer Brücke um einen Blick in einen der vielen Flüsse der Region zu werfen und was sehen wir dort? Da schwimmt eine Forelle in der seichten Strömung und schnappt nach Insekten, die an der Oberfläche vorbei treiben. Das stimmt uns positiv.
Die Unterkunft ist mit allem was man so braucht eingerichtet. Ein kleiner Kühlschrank, Dusche und WC, ein kleiner Herd, Geschirr, separates Schlafzimmer u.s.w. Die Sandfliegen sind hier äußerst aggressiv, aber es gibt Gage vor den wichtigen Fenstern. Es gibt sogar einen Fernseher, aber keinen Empfang für Mobiltelefone.
Sobald es irgendwo Strom gibt, nutzen wir die Gelegenheit um unsere Geräte wie zum Beispiel Laptop, Rasierapparat, elektrische Zahnbürste, Telefon u.s.w. aufzuladen. Das gibt manchmal einen ganz schönen Adapter - Verteiler - Netzteil - Kabel - Salat.
Aber auch richtigen Salat zum essen und anderes aus Pfanne und Ofen kann man hier endlich mal zubereiten. Wir machen reichlich davon gebrauch. Auch wenn wir noch keinen Fisch haben, kann sich unser Silvesterdinner durchaus sehen lassen.
Wir man vielleicht erkennen kann, ist die Flasche Rum bereits halb leer, oder halb voll, für die Optimisten. Trotzdem stoßen wir um Mitternacht standesgemäß mit Sekt an und begrüßen das neue Jahr 2015. Auch euch wünschen wir ein gesundes und glückliches 2015.
Leider fängt das neue Jahr mit Regen an und das nicht zu knapp. Das ist zwar gut gegen Sandfliegen aber schlecht zum angeln, denn die Flüsse verfärben sich ins Bräunliche und man kann auch keine Fische mehr darin erkennen.
Auch wenn sich das Wetter wieder bessert, dauert es ein paar Tage bis die Farbe weicht und man wieder klares Wasser hat.
Wir versuchen an allen möglichen Stellen Zugang zu den Flüssen zu bekommen, können aber leider keinen Fisch an Land ziehen. Irgendwie bin ich bei einem dieser Versuche blöd mit dem Fuß umgeknickt und kann mich nur noch langsam und mit Schmerzen fortbewegen. Die betreffende Stelle verfärbt sich blau und laufen kann ich fast gar nicht mehr. Da es der rechte Fuß ist, geht auch Auto fahren nicht mehr. Ich will sicher gehen dass nichts gebrochen ist und beschließe einen Arzt zu konsultieren. Es ist Samstag, aber selbst unter der Woche gäbe es hier in Murchison keine Möglichkeit einen Fuß zu röntgen, also fahren wir knapp zwei Stunden zurück nach Nelson. Wir finden das Krankenhaus und Stefan schiebt mich mit dem Rollstuhl zum Doktor.
Ich zahle $100,- pauschale und werde untersucht. Der Arzt googelt den Namen des verdächtigen Knochens am Fuß und schickt mich dann zum Röntgen. Dort erfahre ich, dass ich mir die $100,- hätte sparen können, denn jeder der in Neuseeland einen Unfall hat, wird kostenlos behandelt, egal ob Ausländer oder krankenversichert. Ich war halt nur beim falschen Arzt und hätte gleich zur offiziellen Notaufnahme gehen sollen. Jedenfalls werde ich dann nach geraumer Wartezeit und etlichem Schreibkram auch geröntgt und bekomme eine gute und eine schlechte Nachricht. Letztere: der Knochen ist gebrochen, Erstere: er sitzt in einer guten Position. Die Behandlung gestaltet sich derart, dass ich einen so genannten Moon Boot tragen muss, eine Art Schiene in Form eines Schuhs zum an- und ablegen. In sechs Wochen soll wohl wieder alles schick sein, in zwei bis drei Wochen soll ich versuchen wieder normales Schuhwerk zu tragen und eventuell nochmal einen Arzt aufsuchen.
Wir fahren zurück zur Hütte und verbringen dort unsere letzte Nacht bevor wir wieder campen, und zwar diesmal volle vier Wochen am Stück, ehe wir wieder zum woofen verabredet sind.
Es geht weiter Richtung Süden, wir nehmen die Route an der Westküste entlang, die Berge werden immer höher, die Gipfel sind schneebedeckt. Es gibt hier nur diese eine Straße die sich in Nord-Süd Richtung zwischen Alpen und Tasmanischer See windet. Die Flüsse nehmen plötzlich eine neue Farbe an, irgend etwas zwischen hellblau-grün-türkis.
Hunderte von Gletschern in den Alpen zermahlen Gestein zu feinem Sediment, die Flüsse tragen es ins Tal, wodurch die Färbung zustande kommt. Eine ehemalige Brücke deren Pfeiler noch stehen und mit Metall verkleidet sind, lassen diese Kombination irgendwie surreal erscheinen.
Wir lassen den Fox und den Franz Josef Gletscher links liegen, ein Walk kommt für mich nicht in Frage, die Wolken nehmen jegliche Sicht von den Aussichtspunkten, typisch Westküste.
Seit einigen Tagen quält mich ein Übelkeitsgefühl in der Magengegend und schlägt mir aufs Gemüt. Ich esse kaum noch, fühle mich schlapp und gehe zeitig schlafen.
Wir erreichen Haast und nehmen den Pass Richtung Wanaka. Weiter nach Süden geht es hier an der Westküste nicht, zumindest nicht mit dem Auto. Auch die Seen haben die Farbe der Flüsse angenommen, nur etwas dunkler. Die Berggipfel reflektieren das Licht silbrig glänzend. Wir campen am Lake Wanaka.
Kurz nach dem ich mich ins Bett lege, packt mich der Schüttelfrost. Ich fiebere und schwitze die ganze Nacht durch, wie ich es schon lange nicht mehr erlebt habe. Das war ziemlich übel, aber mir geht es deutlich besser am nächsten Tag. Noch einen Tag später und ich bin wieder fit, keine Magenschmerzen, kein Fieber aber einen Bärenhunger. Stefan ließt aus seinem Reiseführer, dass es in manchen Flüssen Parasiten gibt, die über den Mund in den Darm eindringen und drei Wochen später Übelkeit und Durchfall auslösen. Die Symptome sind ziemlich treffend, aber welcher Fluss das jetzt vor drei Wochen war… keine Ahnung.
Wir fahren weiter Richtung Queenstown, das liegt auf dem Weg zum Milford Sound. Lee hatte uns atemberaubende Bilder von dort gezeigt. Das wollen wir uns ansehen. Kurz vor der Stadt halten wir an der Karawau Suspension Bridge (Hängebrücke) und schauen zu, wie sich wagemutige Actiontouristen von dieser im Minutentakt an einem Gummiseil befestigt für $ 195,- herunter schubsen lassen. A. J. Hackett – natürlich ein Kiwi – ist der Erfinder des Bungee Jump.
Leider braucht unser Auto wiedermal eine Werkstatt, die Gummimanschetten an den Antrieben sind gerissen, in engen Kurven knackt es bedenklich im rechten Kreuzgelenk. Weitere Schotterstraßen wollen wir in diesem Zustand nicht riskieren. Wir machen einen Termin mit einer Werkstatt – in drei Tagen. Ok, fahren wir also an den schönen Wakatipu See der sich hier direkt bei Queenstown befindet.
Der See ist 300 km² groß und hat sogar Gezeiten. Die Maoris erklären sich das Phänomen damit, dass am Grund des Sees ein Ungeheuer schläft, dessen Herzschlag den Wasserspiegel ca. alle zehn Minuten um zwölf Zentimeter hebt und senkt. Wissenschaftler der westlichen Welt machen Luftdruckschwankungen über dem See dafür verantwortlich.
Wir verbringen drei Tage am See, nicht ohne angeln zu gehen. Stefan hat einen Biss an seiner Fliegenrute, er haut kräftig an, ich sehe die Forelle in hohem Bogen durch die Luft fliegen - nachdem sie sich vom Haken gelöst hat. Wir nähern uns dem Ziel.
Das Auto geht in die Werkstatt, 3 Stunden später und $ 350,- ärmer geht es weiter in Richtung Milford Sound. Es ist ein ganz schöner Umweg, man fährt ca. 100 km in eine Sackgasse, soll heißen man muss die 100 km auf jeden Fall auch wieder zurück. Egal, wer weiß wann man mal wieder hier ist. Die Straße geht steil bergauf, der Motor kommt ins schwitzen, an der höchsten Stelle der Strecke kommt dann zum allerersten Mal auf unserer Reise ein Tunnel, auch einspurig, wie die meisten Brücken, aber sicherheitshalber mit Ampelanlage. Die Keas, eine Papageienart, lauern die wartenden Touristen auf und wissen ganz genau, daß der ein oder andere eine Scheibe Brot oder sonstiges zum Fressen dabei hat.
Im Tunnel ist es duster und es tropft hier und da von der Decke. Es ist halt einfach eine Röhre in den Fels gebohrt, gesprengt, gemeißelt oder wie auch immer man so was macht.
Wir kommen also endlich an diesem sagenumwobenen Fjord an. Das Wetter ist bescheiden. Es gibt einen 20 Minuten Walk zum Strand, ich wage es und humpele mit Stefan den gut ausgebauten Weg entlang. Man sieht verdammt hohe Berge, Wasserfälle, Ausflugsdampfer, Hubschrauber und kleine Flugzeuge, die die Touristen durch die Gegend chauffieren.
Natürlich wollen wir wenigstens eine Nacht hier bleiben, Stefan würde außerdem gerne für morgen eine Bootstour buchen. Wir fahren zum einzigen Campingplatz. Dieser ist seit Weihnachten täglich ausgebucht. Es ist nicht nur Hochsaison für ausländische Touristen, auch die Kiwis haben große Sommerferien. Der nächste Campingplatz ist eine Autostunde entfernt, hinter dem Tunnel. Wir hätten vorher buchen müssen. Dann halt nicht. Wir fahren also wieder zurück. Soweit bis hierhin.
Liebe Grüße aus Neuseeland,
Stefan und Andreas.
2 Kommentare:
Hallo Ihr, danke für den mal wieder vorzüglichen Bericht. Ich bin ja insgesamt extrem neidisch auf euren Tripp (gönn es Euch aber von ganzen Herzen) aber Knöchelbruch, Autopanne, Parasiten im Darm... Da begrenze ich meinen Neid auf die Glücksmomente und das große Ganze, gell!? Ich wünsche allseits guet Heilung und endlich mal n Fang an der Angel. Is ja nicht zum Aushalten!! Ba
ja ihrse, haltet euch an die angel. oder den fotoapparat! das foto mit den brückenpfeilern und dem türkisen wasser ist echt geil.
und viele calciumhaltige grüße an dein fussgelenk öre! das wird wohl bald vorüber sein. petri heil S.
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